Major d. R. Uwe-Gunther Schulze mit über 100 Wehrübungstagen beim Artillerieaufklärungsbataillon 121
Nachdem ich im Februar 1995, als ehemaliger Offizier der Nationalen Volksarmee und zuletzt S6-Offizier beim Raketenartilleriebataillon 142 in EGGESIN, zum Hauptmann befördert und aus dem aktiven Wehrdienst ausschied, wollte ich nach über zwölfjähriger Dienstzeit mit nunmehr 31 Lebensjahren mich ganz dem zivilen Leben und meiner jungen Familie widmen.
Nie hatte ich ernsthaft darüber nachgedacht, jemals als Reservist irgendwo in der Truppe wieder Dienst zu tun bis ich sieben Jahre später von einem ehemaligen Kameraden und gutem Freund Herrn Major Karlheinz Romeis, welcher mittlerweile zum Oberstleutnant befördert und in MÜNCHEN stationiert ist, einen Anruf bekam mit der Frage, ob ich bereit wäre, als Reserveoffizier für über einen Monat die Stabs- und Versorgungsbatterie 121 in TAUBERBISCHOFSHEIM für den damals im Einsatz befindlichen Batteriechef zu führen.
Es war jene Zeit, wo die Bundeswehr zunehmend stärker im Ausland präsent wurde und das Personal in den Kasernen fehlte. Das Artillerieaufklärungsbataillon 121 selbst ist seitdem regelmäßig mit seinen Soldaten aus allen Dienstgradgruppen in ISAF- und KFOR- Kontingenten in Afghanistan und im Kosovo vertreten.
Leicht viel es mir anfangs nicht. Sicher hatte ich mit der Führung von militärischem Einheiten schon einige Erfahrung gemacht, da ich bereits mit 23 Jahren meine erste Batteriechefverwendung erhielt und Einheitsführer von ca. 40 Soldaten war. Doch zu groß ist der Unterschied zwischen dem zivilen Dasein und dem Militärdienst, wenn man erst einmal für einige Jahre Zivilist ist.
So musste ich beispielsweise Dienstgrade wieder neu erlernen, meine Kenntnisse im Formaldienst auffrischen und mich in militärischen Strukturen zurechtfinden und bewegen lernen. Ich will nicht verhehlen, dass auch der Umgangston manchmal etwas rauer ist beim BUND, als der im Zivilleben.
Die Führung der 1./121 mit einem Personal von über 100 Soldaten in den verschiedensten Teileinheiten – vom Transportzug angefangen über das Sanitätspersonal, den Küchenzug bis hin zur Sportfördergruppe mit seinen erfolgreichen Olympiafechtern – war schon eine besondere Herausforderung für mich.
Hilfreich – und dafür bin ich allen Beteiligten heute sehr dankbar – war dabei u. a. die enorme Unterstützung die mir durch das Unteroffizierkorps der Einheit unter Führung ihres Batteriefeldwebels Herrn Oberstabsfeldwebel Josef Niebler zu Teil wurde. Ausnahmslos alle Teileinheitsführer standen mir jederzeit mit Rat und Tat zur Seite, unterstützten mich bei der Entscheidungsvorbereitung und -findung und bei der Organisation und Gestaltung des militärischen Dienstes.
Schnell wurde ich als ‚vollwertiger‘ Soldat mit allen dazu gehörenden Rechten und Pflichten akzeptiert, erhielt Anerkennung und Wertschätzung für meine tägliche Arbeit.
Mittlerweile habe ich nebenberuflich zwei Fachhochschulstudien in meinem Heimatort BERLIN erfolgreich abgeschlossen und in verschiedenen Berufen Erfahrungen gesammelt. Seit 2003 bin ich als angestellter Programmierer bei der Landwirtschaftlichen Sozialversicherung in der IT- Abteilung tätig und verantwortlich für die Konzeption und Umsetzung von Großrechnerprogrammen im Krankenversicherungswesen.
Gerade meine vielfältigen Computerkenntnisse waren schon bei meinem ersten Einsatz in der Truppe sehr gefragt, zumal zunehmend mehr Arbeitsplatzrechner dort Einzug hielten. Zunächst in den Stabseinheiten und den Batteriegeschäftszimmern, später sogar in einigen Teileinheiten, wie beispielsweise im Transportzug oder der Kfz-Gruppe meiner Stabsbatterie.
Seit 2002 bin ich nun Einsatzreservist beim Artillerieaufklärungsbataillon 121 in TAUBERBISCHOFSHEIM und kann dabei über 100 erfolgreiche Wehrübungstage zurückblicken.
Nach einem zweiten Einsatz als Batteriechef vertrat ich im Sommer 2006 erstmals den S3-Stabsoffizier und stellvertretenden Bataillonskommandeur des Truppenteils. Vor kurzem wurde mir durch das Personalamt der Bundeswehr, in Anerkennung für meine Leistungen als Reservist, diese Planstelle für weitere Reserveübungen zugewiesen.
Zuvor war ich 2004 vom Standtortkommandanten von BERLIN in der dortigen Julius-Leber-Kaserne zum Stabsoffizier befördert worden.
Heute bin ich zufrieden darüber, dass es neben meinem zivilen beruflichen Lebensweg noch einen militärischen gibt und ich beide gut miteinander verbinden kann. Ich bin zudem davon überzeugt, dass der verstärkte Einsatz von Reservisten in der Bundeswehr in den letzten Jahren, gerade wegen der personalintensiven Auslandseinsätze, ein gangbarer, politisch richtiger und erfolgreicher Weg ist, welcher unbedingt fortgesetzt werden sollte.
Reservisten wollen gefordert werden, geben aber auch. Sie unterstützen mit ihren besonderen Kenntnissen und Fähigkeiten die Truppe und können nicht selten auf eine Menge wichtiger Lebenserfahrung bauen.
Das dies gut so ist, beweisen nicht nur meine Erkenntnisse, die ich bei über 100 Wehrübungstagen gesammelt habe, sondern auch die Aussagen in bereits veröffentlichten Artikel unter der Rubrik ‚Meine Erfahrungen als Reservist‘ sehr anschaulich.
Uwe-Gunther Schulze